Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel – Arbeit wird durch Technisierung und Digitalisierung komplexer und dynamischer. Die Anforderungen an die Mitarbeiter steigen. Als Fachkraft für Arbeitssicherheit (Fasi) berät und unterstützt man Betriebe in allen Fragen des Arbeitsschutzes. Neben der fachlichen Kompetenz einer Fasi ist keine andere Kompetenz so wichtig geworden wie die der Beratungskompetenz. Diese gilt es, kontinuierlich und systematisch zu entwickeln und fortzubilden. Beim Sifa-Netzwerktreffen am 8./9. November 2019 an der BGW-Akademie in Dresden war das Thema „Beratungskompetenz“ Leitthema. Gefragt wurde: „Was tangiert mich in der Zukunft?“
Nach der Eröffnung des Treffens durch Jörg Stojke, Leiter der BGW-Akademie, und Reinhard Bock, unserem Netzwerkleiter, galt der erste Vortrag zunächst der Frage des Einsatzes von sogenannten Wearing Devices bei der Arbeit, also von tragbaren elektronischen Geräten wie Datenbrillen und Datenuhren.
Frau Dr. Nele Fischer von der isonet AG stellte die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Datenbrillen (Smartglasses) und Datenuhren (Smartwatches) in Industrie und Dienstleistung vor. Einige Beispiele sind:
• der Einsatz bei der Mitarbeiterschulung,
• das Einblenden von Montageinformationen in das Sichtfeld,
• das Quittieren von Arbeitsaufträgen und
• Erleichterung der Kommunikation in Werkhallen.
Natürlich ist der Einsatz von solcher Technik auch mit arbeitsschutzrelevanten Fragestellungen verbunden. Weitere Informationen zu diesem Thema gibt auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Als nächstes referierte Claudia Lichtenberg vom Institut Kutschea über Reteaming und Multi-Level-Kommunikation. Reteaming ist ein in den 90er-Jahren entwickeltes lösungsorientiertes Beratungskonzept. Anders als bei herkömmlichen Problemlösungskonzepten versucht Reteaming als Methode einen konsequenten zukunfts- und zielorientierten Bezugsrahmen herzustellen. Es fokussiert auf Ressourcen und Erfolge anstatt auf Defizite und Fehlschläge. Reteaming kann zur Verbesserung des Teamgeistes und der Arbeitsatmosphäre verhelfen, Veränderungen in der Organisation anstoßen, Probleme bei der Zusammenarbeit lösen und dabei helfen, konstruktive, zielorientierte Denkweise auf allen Unternehmensebenen zu entwickeln – ist also als Methode auch relevant für die Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit und des betrieblichen Gesundheitsschutzes.
Wer Denk- und Handlungsweisen in einem Unternehmen verändern will, muss Mitarbeiter auf allen Kommunikationsebenen erreichen, also nicht nur auf verbaler Ebene, sondern auch auf anderen, zumeist unbewusst wahrgenommenen Kommunikationsebenen. Dazu zählt die Ebene der Körpersprache ebenso wie die Gefühlsebene. Hier können verschiedene Techniken angewendet werden wie Rapport (die gleiche Körperhaltung einnehmen wie sein Gegenüber), Kalibrieren (herausbekommen, wie sich der andere fühlt), Pacing – Leading (Verständnis zeigen) und viele andere mehr.
Bei Übungen durch Positions- und Haltungswechsel konnten wir Fachkräfte für Arbeitssicherheit erkennen, dass eine andere Position im Raum unterschiedliche Sichtweisen gestattet.

Am Abend unterhielt uns das Improvisationstheater „Elchtest“. Das Ensemble zeigte uns dabei auch die Interpretation des Arbeitsschutzes in fernen Ländern. Das war ein sehr gelungener Auftritt, der auch zum Nachdenken anregte. Nach dem Abendessen im DGUV-Akademiehotel ließen wir den Tag mit anregenden Gesprächen in der Sports Bar ausklingen.
Am nächsten Morgen gab uns Jörg Stojke einen Überblick über Neuigkeiten aus der DGUV Welt:
Zum Beispiel hat die BGW eine neue Kampagne gestartet, die den Titel „komm mit mensch“ trägt. Sie soll helfen, eine neue Kultur der Prävention in den Firmen einzuführen. Es soll ein Selbstverständnis erreicht werden, auf Risiken zu achten, aus Fehlern gemeinsam zu lernen und Potenziale für die Gesundheit von Mitarbeitern zu erkennen. Sicherheit und Gesundheit soll nicht mehr als Kostentreiber angesehen werden sondern zu zentralen Themen im Unternehmen.
Die BGW richtet zudem Kompetenzzentren ein, an die sich Betriebe wenden können, die keinen eigenen Betriebsarzt bzw. keine Fachkraft für Arbeitssicherhit haben. Diese werden dann durch die Berufsgenossenschaft vermittelt.
Auch bei der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit wird es Veränderungen geben. Das sind Änderungen bei der Zulassung von Personen und bei den Ausbildungsvoraussetzungen. Mehr Informationen hierzu bei der BGW.
Als letzter Referent sprach Dirk Wenzel vom Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) über Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen UV-Strahlung. Das ist relevant auch für Unternehmen aus Branchen wie Glasbläsern und Schweißern, die wir als Fachkraft für Arbeitssicherheit betreuen. Aber auch beim Bau und in Gärtnereien sind Mitarbeiter einen erheblichen Teil der Arbeitszeit durch permanente UV-Strahlung gefährdet. Die Wirkung von UV-Strahlung auf biologisches Gewebe hängt von der Leistungsdichte und der Einwirkzeit ab. Eine Einwirkzeit von > 10 s und einer Leistungsdichte von < 104 Wm-2 kann Menschen schädigen.
In der Vorschrift PSA gegen optische Strahlung 2016/424 vom 31.03.2016 werden Anforderungen an die Schutzausrüstung beschrieben. So wird im Punkt 3.9.1 auf nicht ionisierende Strahlung eingegangen. Bei der Kategorie 1 „Sonnenstrahlung“ ist keine Baumusterprüfung bei der PSA notwendig. Ab der Kategorie 2 ist aber eine Baumusterprüfung bei der Persönlichen Schutzausrüstung erforderlich!
Auch im nächsten Jahr wird es wieder SIFA-Netzwerktreffen geben. Hier sollen Themen wie die Anlagensicherheit, der Brand- und Explosionsschutz und die Digitalisierung der Arbeit bearbeitet werden. Außerdem feiert unser Netzwerk im nächsten Jahr sein 10-jähriges Bestehen. Einen Überblick über die Veranstaltungen 2020 verschafft unser Extra-Beitrag.
Ich wünsche allen Netzwerkerinnen und Netzwerkern ein Frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Anette Mäder
(Sifa-Orga-Team)