Beratungskompetenz ist ein überaus wichtiger Faktor bei Arbeitsschützern. Arbeitssicherheit, Brand- und Gesundheitsschutz betreffen letztlich alle Beschäftigten, und wenn man ihnen diese Themen nicht nachhaltig vermitteln kann, so dass es Klick macht und man eine Sensibilität für sich entwickelt, für seine Kollegen und sein Arbeitsumfeld, und für seine Beschäftigten selbstverständlich auch, dann versinkt aller Arbeitsschutz in den Akten, Theoretikum, und die Köpfe bleiben leer. Bis es irgendwann, ganz praktisch, rumst. Wem hilfst sowas im Ernstfall? Nein, das muss nicht sein… Das darf nicht sein!
Das Sifa-Netzwerktreffen am 25./26. November 2016 in der DGUV Akademie in Dresden stand ganz unter diesem Stern, dem Thema Beratungskompetenz, in das sich alle Teilnehmer bei diversen Vorträgen vertieften und Anregungen, Werkzeuge und Methoden kennenlernten oder auffrischten.
Nach der Begrüßung durch Herrn Stojke, dem Leiter der BGW Akademie, und Herrn Bock, dem Sifa-Netzwerkleiter, ging es los, krankheitsbedingt aber zunächst mit einem Exerimental-Vortrag über Gefahrstoffe, der für den Vortrag „Arbeit und Pause“ eingeschoben wurde. Eine überaus gelehrige Stunde samt Rumsen!
Brandvermeidung am Arbeitsplatz
Herr Brandau, Mitarbeiter des IAG, zeigte uns, wie leicht es zu Explosionen am Arbeitsplatz kommen kann. Schon wenige Tropfen Aceton in Verbindung mit Sauerstoff in normaler Luft reichen aus … Ein Zündfunken … und Peng … oder Kawumm. Davon konnten wir uns mit kugelrunden Augen und gespitzten Ohren persönlich überzeugen.
Für meine Berufspraxis nehme ich daher folgende Ratschläge mit, um Brände und Explosionen tunlichst zu vermeiden:
- Bei Umfüllarbeiten von Lösemitteln oder Bremsenreinigern aus Metallfässern müssen diese immer geerdet sein.
- Chemikalienbinder (z.B. Kieselgur) vergrößern immer die Oberfläche eines ausgelaufenen brennbaren Stoffes. Es verdunstet somit mehr brennbare Flüssigkeit und es kann zu einer Entzündung kommen.
- Raucher sollten vor dem Rauchen nicht nur die Sauerstoffnasensonde aus der Nase ziehen, sondern auch die Sauerstoffhahn zudrehen.
Bewusstsein der Mitarbeiter erreichen – Unternehmensorganisation und Arbeitssicherheit
Der nächste Referent, Herr Taglieber von der Firma t&t, stellte uns ein System zur Reduktion verhaltensbedingter Unfälle vor. Sein Unternehmen berät Firmen zum Thema Organisationsentwicklung. Er ist der Meinung, dass nur, wenn man die Einstellung der Mitarbeiter verändert, auch das Verhalten verändert werden kann. Das ist äußerst einleuchtend. Nur dann kann man Unfällen wirksam vorbeugen.
Will man eine gesunde Kultur in Sachen Arbeitssicherheit entwickeln, ist es wichtig, dass nicht nur die Mitarbeiter ihr Verhalten ändern, sondern auch die Führungskräfte. Führungskräfte müssen klar und anerkennend mit ihren Mitarbeitern umgehen. Zudem sollten Mitarbeiter an der Lösung von Problemen zwingend beteiligt werden. Wurde die Arbeitssicherheit außer Acht gelassen, muss dies direkt angesprochen werden. Und in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern sollte man sogleich herausfinden, woran es lag, dass die Vorgaben missachtet wurden.
Das war ein anregender Vortrag. Er brachte mich zum Grübeln … Und das war wohl schon die erste Verhaltensänderung?
Den Abend begannen wir mit einem hervorragenden Buffet. Ja, Lernen macht hungrig. Und gutes Essen macht geschwätzig. Interessante Gespräche über den Arbeitsschutz oder ganz anderes, Privates zum Beispiel, wurden vertieft, schließlich sollen unsere Treffen ja auch die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie stärken, sodass auch Familienangehörige eingeladen waren. Prima! Die Zeit verging, der 25. November wurde Vergangenheit, der Mond zog über den Himmel, dann krähte ein sächsischer Gockel und rief zum Thema „Zukunft der Arbeit 2050“.
Zukunft der Arbeit 2050
Man kann heute davon ausgehen, dass an einigen Arbeitsplätzen, an den Menschen heute noch ganz persönlich arbeiten, sie in Zukunft durch Roboter und Maschinen ersetzt werden und die Menschen ganz andere Dinge bedienen.
In der Chirurgie, beispielsweise, unterstützen bereits heute Computerassistenten den Operateur. Auch das Selftracking, ein Armband in Kombination mit einer App, wird zur Überwachung der Vitalität beim körperlichen Training bereits im Privaten angewendet. Und Corporate Health, also betriebliches Gesundheitsmanagement, setzen sich bereits viele Firmen als Unternehmensziel.
Als Mutter von drei Kindern habe ich schon seit langem das Private mit dem Berufsleben verquickt. Und das steht nun unter dem Begriff Worklife Blending.
Wir erhielten Ausblicke auf die Zukunft der Arbeit, dies als Fazit: auch Arbeit ist dem Wandel unterworfen. Und nur durch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, sprich Agilität, kann man sich und die Organisation, in der man arbeitet, an diese neuen Herausforderungen anpassen.
Unterstützungstechnologien zur Arbeitssicherheit
Im Anschluss erläuterte Dr. Peters, ehemaliger Mitarbeiter des IAG Dresden, den Nutzen von Beacons im Arbeitsschutz. Ein Beacon (dt. Leuchtfeuer) kommuniziert mit allen denkbaren mobilen Geräten via Bluetooth. Der kleine Knopf sendet Informationen, an Empfangsgeräte wie Smartphones oder Tablets, ohne dass der Empfänger dafür etwas eintippen oder etwa eine Suchmaschine bemühen muss.
Damit können sicherheitstechnisch relevante Handlungen unterstützt werden und zwar u.a. durch die:
- Bereitstellung von Informationen zur Unterweisung,
- Bereitstellung von Maschinen – und Gefahrstoff-Betriebsanweisungen und
- Ankündigung von Gesundheitstagen.
Unser Netzwerkleiter, Reinhardt Bock, referierte im Anschluss über die Möglichkeiten im Office 360°. Dies ist eine Cloud, in der Dokumente, wie Betriebsanweisungen und Unterweisungen, von Firmen verknüpft und heruntergeladen werden können.
Systematische Einbindung der Arbeitssicherheit
Den letzten, aber nicht weniger interessanten Vortrag unseres Treffens, hielt unser langjähriges Mitglied Christian Schultert. Er ist Experte für systemische Organisationsberatung in Firmen. Diese Beratung berücksichtigt eine ganzheitliche systemische Sichtweise. Denn um komplexe Zusammenhänge zu erkennen und zu steuern, reicht das einfache Denken nach dem Schema von Ursache und Wirkung nicht aus. Er betrachtet auch die systemischen Zusammenhänge wie die Einstellung der Mitarbeiter, die Vernetzung mit anderen Systemen und die Verquickung mit der Unternehmensphilosophie.
Das bringt uns wieder an den Anfang, zurück zu der Frage: Was nützt das alles ohne Beratungskompetenz?
Ich wünsche allen Netzwerkerinnen und Netzwerkern ein erfolgreiches und geruhsames Jahr 2017!
Ihre Anette Mäder
(Sifa-Orga-Team)