Es gibt viele Branchen, in denen Mitarbeiter im Arbeitsalltag besonders hohen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Es ist auch eine Frage der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsmanagements in einem Unternehmen, diese Rahmenbedingungen schon bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zu beachten und die Eignung der Bewerber auf Herz und Nieren zu testen: Sind Sie diesem Alltag gewachsen? Kann der Bewerber die schwere körperliche Arbeit auf dem Bau oder bei der Müllbeseitigung überhaupt leisten? Oder hält er, im Krankenhaus oder bei der Pflege zum Beispiel, der großen psychischen Belastung stand?
Diese und andere Fragen der Einstellungseignung unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes waren Schwerpunkt des Sifa-Netzwerktreffens am 4. April 2019. 33 Teilnehmer kamen hierzu nach Berlin zur Berliner Stradtreinigung (BSR), dem Gastgeber des diesmaligen Treffens. Unser Netzwerker Christoph Benning ist der leitende Sicherheitsingenieur bei der BSR und begleitet mit seinem Team über 5.000 Mitarbeiter. Die BSR ist das größte kommunale Entsorgungsunternehmen in Deutschland.
Zu Beginn erläuterte er uns, wie die Berliner Stadtreinigung als Vorzeigeunternehmen die Reinigung dieser wachsenden Metropole organisiert, durchführt und verwaltet. Der Geschäftsbereich Gesundheitsmanagement hat dabei die Aufgabe, die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und deren Leistungsbereitschaft zu fördern. Zudem ist es wichtig, geeignete neue Mitarbeiter zu finden. Um beispielsweise geeignete Kräfte für die Müllabfuhr zu finden, hat man einen Eignungstest erarbeitet, der wie ein Wettbewerb um den Titel des stärksten Mannes anmutet. Er besteht aus fünf Stationen und stellt Kraft, Motorik und Kondition der Bewerber auf den Prüfstand:
- Langer Laufweg: Beförderung einer 240-Liter-Tonne über einen schrägen Teerweg
- Vorratsbehälter: Transport eines 660-Liter-Vorratsbehälters über ein kleines Hindernis
- Treppen: Ziehen eines 240-Liter-Mülleimers mit einem Gewicht von 40 kg über fünf bis acht Stufen
- Untergrund mit großem Widerstand: Transport eines 1.100-Liter-Behälters von zwei Personen über Kopfsteinpflaster
- Kondition: Übungen im Fitnessraum
Im Arbeitsalltag sind diese Tätigkeiten – während die Uhr unerbittlich nach dem Entsorgungsplan tickt – einen langen Tag lang zu verrichten, fünf Mal in der Woche, und dies bei Wind und Wetter. Die Möglichkeit einer Gefährdung aber wächst, wenn die Voraussetzungen für die Arbeit, die man ausübt, nicht gegeben sind. Und mit großer körperlicher Erschöpfung wächst auch die Gefahr von Unachtsamkeit. Allein in den letzten zehn Jahren gab es 27 Todesfälle in Deutschland und Österreich beim Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen. Auch hier sind besondere Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Unfällen zu ergreifen. So ist das Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen ohne Einweiser verboten. Hilfsassistenzsysteme wie eine Kamera oder Sensoren befreien nicht vor dieser Pflicht!
Bei der BSR wurde zur Vermeidung solcher Unfälle eine Verfahrensanweisung erstellt. Alle Müllwerker werden in Unterweisungen auf Schutzmaßnahmen hingewiesen. Deren Einhaltung wird auch von den Vorgesetzten kontrolliert. Falls es dennoch zu einem Unfall kommt, wird ein Richter die Vorgesetzten genau hierzu befragen, und wenn man die notwendigen Maßnahmen nicht ergriffen hatte, haftet der Fahrer des Fahrzeugs nicht mehr allein!

Zwischendurch machten wir uns mit dem Brandschutzbeauftragten der BSR ein Rauchschutzhaus an. An ihm wurde uns demonstriert, wie sich Rauch im Brandfall in einem Haus ausbreitet und wie wichtig es ist, dass beispielsweise die Dichtlippen an einer Rauchschutztür korrekt sitzen und die Tür dadurch rauchdicht schließt.
Auch im weiteren Verlauf des Netzwerktreffens befassten wir uns mit dem Thema der Eignungsfeststellung von Bewerbern unter dem Aspekt der Arbeitssicherheit. Doch machen auch wir jetzt erst einmal eine kurze Pause. Ich berichte weiter im zweiten Teil dieses Beitrages.
Bis dahin!
Ihre Anette Mäder
vom Sifa-Netzwerk-Orga-Team