Hat jemand Geburtstag, wünscht man Glück und Gesundheit. Und wer hat noch nie seine Oma seufzen hören: »Gesundheit ist das Wichtigste!« Was sind wir denn noch, wenn‘s uns derSchädel brummt, wenn Gliedmaßen brechen, das Herz unrhythmisch holpert, der Motor stottertertertert? Wie fühlt man sich da? Was schafft man noch? Wozu ist man da noch zu gebrauchen, wenn Körper oder Geist schlapp machen und der Arzt diesen Zustand dann irgendwann ganz offiziell mit einem Krankenschein bestätigt. Kranksein, das tut niemandem gut, und das Kranksein durch Arbeit nutzt weder dem Beschäftigten, noch Unternehmern. Und dennoch steigt seit Jahren bei Beschäftigten der Krankenstand in Tagen allmählich wieder an. Dabei können Arbeit, Organisation und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich gestaltet werden, so, dass alle happy sind. Mit diesem weiten Feld setzt sich das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) auseinander, das im Fokus des Programms vom 2. SIFA-Netzwerk Quartalstreffen 2017 am 26. April bei der Bauerfeind AG in Zeulenroda/Thüringen stand.

Nach der Begrüßung durch den Sifa-Netzwerk-Leiter, Herrn Bock, stellte sich Herr Weyer, der Bereichsleiter des Gesundheitsmanagements bei Bauernfeind, vor. Die Bauerfeind AG ist ein inhabergeführtes Unternehmen, das 1929 in Zeulenroda gegründet wurde. Während der deutschen Teilung war der Firmensitz lange Zeit in Kempen. Nach der Wiedervereinigung beschloss Prof. Hans B. Bauerfeind, die Produktion und auch die Firmenzentrale wieder an die Gründungsstätte zu verlegen. Das Portfolio umfasst medizinische Hilfsmittel wie medizinische Kompressionsstrümpfe, orthopädische Einlagen, Bandagen, Orthesen und Messtechnik. Zur Unternehmensgruppe gehören der Prothesenhersteller Uniprox sowie das Bio-Seehotel.
Im Verbund mit bundesweit rund 2.000 orthopädietechnischen Betrieben bietet Bauerfeind seit einigen Jahren auch Dienstleistungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz von Unternehmen, insbesondere Orthopädie-Checks an. Diese umfassen beispielsweise Venenchecks, Fußdruckmessungen, Haltungs-, Gang- und Rückenanalysen mit medizinisch validen Messverfahren.
Großer Wert wird dabei auf umfassende Dokumentation und Nachhaltigkeit gelegt: Neben persönlichen „Gesundheitsprofilen“ für die Mitarbeiter erhält mit deren Zustimmung auch der Betriebsarzt eine vertrauliche Übersicht der Messdaten mit Maßnahmenempfehlung. Für die Geschäftsleitung gibt es eine anonymisierte Auswertung, die den Anforderungen einer ergänzenden Gefährdungsbeurteilung entspricht.
Je nach gebuchtem Leistungsumfang erfolgt im Anschluss auch eine Bereitstellung bedarfsgerechter orthopädischer Produkte an die jeweiligen Beschäftigten, um deren gesundheitliche Belastung am Arbeitsplatz zu reduzieren und präventiv Muskel-Skelett-Erkrankungen entgegenzuwirken. Den Teilnehmern des Netzwerkstreffens wurden solche die Orthopädie-Checks gleich vor Ort praktisch demonstriert: Meine Venen sind noch halbwegs in Ordnung, aber an meinem Gang kann ich noch arbeiten!
Die anschließende Werksführung hat Heiko Schneider, Abteilung Unternehmenskommunikation, geleitet. Die Produktion konnten wir vom Besuchergang aus beobachten. Das Lager und weitere Bereiche machten einen sehr guten, durchstrukturierten Eindruck. Dies betrifft auch den Arbeitsschutz. Die über 900 Mitarbeiter in Zeulenroda können eine eigene, gesundheitsorientierte Betriebskantine nutzen. Wir Fachkräfte für Arbeitssicherheit wurden dort auch zum Mittagessen eingeladen, vielen Dank!
Im Anschluss erläuterte uns Herr Weyer, wie Sicherheitsschuhe mit Einlagen BG-konform ausgestattet und finanziert werden können. Sind Sicherheitsschuhe grundsätzlich vom Arbeitgeber bereitzustellen, muss darauf geachtet werden, dass diese erforderlichenfalls auch mit orthopädischen Einlagen nach DGUV 112-191 baumuster-geprüft sind: Nur bestimmte Einlagen sind mit bestimmten Schuhen kombinierbar. Eine schnelle Orientierung bietet hier der Bauerfeind-Schuhfinder im Internet.
Die Kosten für benötigte Einlagen trägt meist die Rentenversicherung, wenn der Beschäftigte mindestens 15 Jahre sozialversicherungspflichtig tätig war. Über alternative Leistungsträger (Arbeitsamt, Sozialamt) und Erstattungsanträge informiert der „Leitfaden Einlagenversorgung“. Als kostenloser Service bieten sich regelmäßige Fußsprechstunden im Betrieb an, die von örtlichen Orthopädietechnikern in Abstimmung mit Bauerfeind durchgeführt werden.
Zum Abschluss des Treffens stellten uns Frau Müller und Herr Neuber das Netzwerk Gesunde Arbeit Thüringen vor. Diese Forschergruppe gehört zur Ernst Abbe-Hochschule in Jena. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter haben in ihrer Studie ermittelt, dass zwar 80% der befragten Unternehmen die Notwendigkeit von BGM erkannt haben, es aber nur 36% zumindest ansatzweise umsetzen. Je kleiner die Unternehmen sind, desto geringer ist meist das Engagement in Sachen BGM.
Zur Einführung von BGM in einem Unternehmen hat die Forschergruppe ein 7-Schritte-Konzept erarbeitet: zunächst muss ein Unternehmen eine Grundsatzentscheidung zu BGM fällen, dann müssen interne Strukturen geschaffen und Zielen und Leitlinien erarbeitet werden, darauf erfolgt eine Bedarfsanalyse, die Maßnahmenplanung und -durchführung und schließlich die Evaluierung und Erfolgskontrolle. Dies erinnert mich an das Ablaufschema einer Gefährdungsbeurteilung.
Zum Abschluss des Treffens wurde noch das neue Thüringer Siegel für Gesunde Arbeit vorgestellt, das die Firma Bauerfeind mit zwei weiteren Unternehmen 2016 erhalten hat.
Als Fazit der Veranstaltung bleibt mir nur zu sagen: Ich habe viel über das betriebliche, aber auch über das eigene Gesundheitsmanagement erfahren, und das neue Wissen wird mit behilflich dabei sein, glücklich und gesund zu bleiben.
Anette Mäder,
Sifa-Organ-Team